Montag, 6. März 2017

Das Gold aus Thrakien.

aus Die Presse, Wien,

„Gold macht die Augen gelb“
Das Kunsthistorische Museum präsentiert in „Das erste Gold“ gleich zwei Schätze: einen aus dem Edelmetall aus Bulgarien und einen noch wertvolleren von dort, den des ersten Goldbergwerks in Europa, Ada Tepe.


Nicht nur hinter den Mauern von Troja wurde mit Gold geprunkt, auch davor sollte es blenden: Die Ausstattung, die Hephaistos in einem Tag für Achilleus schmiedete – vom Schwert bis zur Rüstung –, bestand aus „Gold, Silber, Zinn und Erz“, so überlieferte es Homer (18. Gesang), in Nacherzählungen war gar alles aus Gold. Das kann nicht sein, dieses Metall taugt weder zum Austeilen noch zum Abfangen von Schlägen, es ist viel zu weich, und schwer obendrein: Es taugt auch nicht zu zivilen Zwecken, einen Gebrauchswert hat es nicht.




Um so höher ist sein symbolischer Gehalt, früh war man hinter dem Glanz her, erst in Flüssen – in die man Schafsfelle legte, auf dass sie zu Goldenen Vliesen wurden –, dann in Bergen. Dann kam es in die Metropolen und die Schatzkammern der Macht, nach Troja etwa, oder nach Valchitran. Das liegt im heutigen Bulgarien, vor 3500 Jahren in der Bronzezeit war dort eine Großmacht, Thrakien. Nur Indien hatte mehr Bewohner, berichtete Herodot, und über den Charakter der thrakischen Eliten wusste er auch zu erzählen: „Nichts zu tun zu haben, hält man für wunderbar, den Boden zu bereiten für erniedrigend, und von Krieg und Raub zu leben – das Beste.“ Geführt wurden die Kriege mit dem wirklich wichtigen Metall, der Bronze eben, geführt wurden sie um das, dessen Glanz die Augen glänzen lässt, um Frauen natürlich auch.

Archäologen im KHM
 
Der größte Schatz des zusammengerafften Goldes kam 1924 bei Feldarbeiten ans Licht, die Grundeigentümer erkannten statt seines kulturellen Wertes nur den materiellen des Goldes, schnitten Stücke heraus und warfen sie auf den Markt. Aber der größte Teil wurde gerettet, man kann es nun in Wien mit eigenen Augen sehen, 13 Objekte aus insgesamt 12,5 Kilo Gold glänzen ab heute im Kunsthistorischen Museum, unter dem Titel „Das erste Gold“ und natürlich in einem Raum, dessen Wände selbst mit Gold prunken. Aber sie glänzen nicht alleine, aus 14 Museen in Bulgarien hat Hristo Popov vom bulgarischen Nationalen Archäologischen Institut, 300 Stücke zusammengestellt, die „beste Auslese“ des edlen und lockenden Metalls: „Wenn man von Gold spricht, werden die Augen gelb.“ Aber auch Bronze ist dabei, und Keramik, alles dokumentiert den hohen Stand des damaligen Handwerks, feinst geschmiedete Mordwaffen – Rapiere aus Bronze –, Güldenes ohne jeden Materialfehler, Schmuck und Gefäße, „von vielen weiß man nicht, welchem Zweck sie dienten“. Das bedauerte bei der Präsentation Barbara Horejs, Archäologin bei der Österreichischen Akademie der Wissenschaften.

Funeral Mask from the Svetitsata Tumulus (King Teres )

Eine Archäologin und ein Archäologe, was haben die mit dem KHM zu tun? „Erstmals seit Langem haben wir uns wieder einem kulturhistorischen Thema gewidmet“, erklärte Museumschefin Sabine Haag, und „kulturhistorisch“ ist in breitem Sinn gemeint: Vielfältigste Wissenschaften arbeiten mit, vor allem bei der Erkundung eines wohl noch viel größeren Schatzes, auf den man 2010 stieß, weil der heutige Goldhunger dorthin gewiesen hatte. Anno 2000 fanden Prospektoren einen halb abgetragenen Berg, der reiche Beute versprach – 30 Tonnen Gold –, aus dem Projekt wurde nichts, die Bevölkerung lehnte ab, fürchtete Umweltschäden.

 Spiralröllchen (Haarschmuck)

Aber die bulgarischen Archäologen griffen zu ihren Schaufeln, und bei feineren Instrumenten baten sie die österreichischen Kollegen um Hilfe: „Man hat uns den Fund auf einem Silbertablett serviert, so etwas ist ungewöhnlich in der Forschung“, freut sich Horejs immer noch. Welchen Fund endlich: einen in dem Berg Ada Tepe, dort war ein Goldbergwerk, es ist nun das einzige bekannte prähistorische in ganz Europa.


Die Bergleute müssen von weit her gekommen sein, zunächst trugen sie die Kuppe des Bergs ab, dort errichteten sie eine Siedlung, dann zogen sie Stollen in den Berg und holten das Gold heraus, mit der Technik ihrer Zeit: Die Stollenwände wurden mit Feuer mürbe gemacht, dann wurden die mikroskopisch kleinen Körnchen mühsam herausgewaschen. Den Berg und die Technik zeigt die Ausstellung auf Video, das eher karge Leben der Bergleute ist auch dokumentiert, mit Alltagsgegenständen.

Das große Netzwerk der Bronzezeit
 
Wohin ging das Gold? Nicht nach Vulcitrsn, soviel steht fest. Die Herkunft von Gold ist schwer festzustellen, und noch schwerer zerstörungsfrei, aber in winzigsten Proben gibt das Verhältnis von Platin und Palladium Auskunft. Das Gold von Valchitran kam anderswo her, und das von Ada Tepe ging anderswo hin, vielleicht nach Mykene, mutmaßt Georg Plattner, Chef der KHM-Antikenabteilung, der darauf verwies, dass in der Bronzezeit „viel transferiert“ wurde, Waren wie Wissen. „Die Kultur der Bronzezeit strahlte sehr weit über den Kontinent“, betont auch Horejs, es gab ausgedehnte Handelsverbindungen, und „zum ersten Mal in der Geschichte wurde Reichtum durch Gold zur Schau gestellt.“

 
Verbindungen gab es auch nach Asien, nach Troja, die Thraker kämpften als Verbündete der belagerten Stadt, ihr König Rhesos wurde im Schlaf von Odysseus ermordet. Von der alten Verbindung zeugen auch in der Ausstellung zwei Gefäße einer Form, die in Troja gebräuchlich war, dort kamen sie her. Ging das Gold von Ada Tepe den umgekehrten Weg, stammte der bekannteste aller Schätze der Alten Welt, der des Priamos, von dort? „Wo das Geld Trojas herkam, ist unser nächstes Forschungsprojekt“, muss Horejs die Antwort vertagen.

Bleibt noch ein Problem: Warum wurde der Goldbergbau in Ada Tepe wieder aufgegeben, obwohl noch Gold im Berg war? Vielleicht wurde die Ausbeute zu gering, es lag aber eher an der Nachfrage: Das ausgedehnte Netzwerk der Bronzezeit brach unter politischen Wirren und Kriegen zusammen, der Glanz hatte wieder seine Ruhe in der Erde.



KHM: bis 25. Juni, tägl. 10–18 Uhr, Do bis 21 Uhr.
Katalog: „Das erste Gold“, 208 S., 24,95 Euro.
Führungen etc.: reichhaltiges Programm: www.khm.at

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