Montag, 1. Dezember 2014

Der Anteil des Schnapses an der Menschwerdung des Affen.

aus derStandard.at, 1. Dezember 2014, 21:00

Alkoholkonsum hat eine sehr, sehr lange Tradition
Zehn Millionen statt 9.000 Jahre: US-Forscher stoßen auf Gen-Mutation, die Alkohol abbaubar machte

Miami - Vorfahren des Menschen haben vermutlich bereits vor mindestens zehn Millionen Jahren Alkohol konsumiert - bedeutend länger also, als bisher angenommen wurde. Bisher gingen viele Forscher davon aus, dass Menschen Alkohol erst seit etwa 9.000 Jahren konsumieren bzw. konsumieren können: Nämlich aufgrund der einsetzenden Landwirtschaft, wodurch Nahrungsmittel gelagert und Fermentierungsprozesse gezielt zur Alkoholproduktion genutzt wurden.
Stattdessen dürfte die Fähigkeit, Alkohol abzubauen, bis in die Zeit zurückgehen, als noch die gemeinsamen Vorfahren von Menschen, Schimpansen und Gorillas lebten. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie von US-Forschern in den "Proceedings" der US-nationalen Akademie der Wissenschaften ("PNAS").
Blick in die Evolutionsgeschichte
Das Team um den Biologen Matthew Carrigan vom Santa Fe College in Gainesville (US-Staat Florida) analysierte das Enzym ADH4 (Alkoholdehydrogenase 4), das am Alkoholabbau beteiligt ist. Anhand der Gene von 28 Säugetieren, darunter 17 Primaten, rekonstruierten die Wissenschafter die Evolutionsgeschichte des Enzyms über einen Zeitraum von 70 Millionen Jahren.
Die Untersuchung deutet darauf hin, dass vor mindestens zehn Millionen Jahren eine einzelne genetische Mutation unsere Ahnen in die Lage versetzte, Alkohol abzubauen. Diese Fähigkeit bot möglicherweise einen entscheidenden evolutionären Vorteil, denn damals befand sich die Erde in einem dramatischen klimatischen Umbruch.
Während dieses Klimawandels vor etwa 15 Millionen Jahren wandelten sich die ausgedehnten Wälder Ostafrikas zu Graslandschaften. Infolgedessen mussten sich die dort lebenden menschlichen Ahnen an ein Leben auf dem Boden anpassen. Hier fanden sie den Forschern zufolge als Nahrungsmittel vermehrt Fallobst, das tendenziell einen höheren Ethanolgehalt aufweist als Früchte, die vom Baum gepflückt werden.

Neue, halbverdorbene Nahrungsquelle
Die Fähigkeit, diese Früchte verdauen zu können, bedeutete gerade in Zeiten der Nahrungsmittelknappheit einen wichtigen Vorteil. Für die Wissenschafter sind die Ergebnisse ihrer Studie nicht nur wichtig für das Verständnis der Anpassung von Hominiden an ein Leben auf dem Boden.
"Mit ihnen könnte auch die medizinische Komplexität menschlicher Interaktion mit Ethanol heute besser verstanden werden", schreiben sie. Demnach wurde der Umgang mit Alkohol aus gesundheitlicher Sicht erst problematisch, als der Mensch Verfahren entwickelte, Getränke mit höherem Ethanolgehalt herzustellen. (APA/red)

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