Freitag, 17. Februar 2017

Der pharisäische Gesinnungspool.


a. paul weber

Vor ein paar Tagen habe ich Donald Trump an dieser Stelle als das verdiente Endergebnis der Postmoderne berzeichnet. Bei der Gelegenheit habe ich auch eine Verbindung zwischen Postmoderne und Politischer Korrektheit behauptet. Das war keine polemische Übertreibung; bei uns in Deutschland jedenfalls liegt er auf der Hand. 

Um das Jahr 1968 haben die Studierenden der Generation, die in den letzten Jahrzehnten bei uns den Ton angegeben haben, die ganze Welt befreien wollen, und die revolutionären Avantgardeparteien schossen aus dem Boden. Alle standen sie mit der Weltgeschichte auf Du und waren auf dem Weg, die endgültige Wahrheit auszuprechen. Dann kamen Helmut Schmidts restriktive Rahmenbedingungen, und der Katzenjammer war groß. Die Rechthaberei hatte zu einer Spaltung nach der andern geführt und der apostolische Gestus hatte sie überanstrengt. "Ich muss endlich auch mal an mich selber denken" sagten sie, nachem die sein halbes Jahr morgens um sechs Fluglätter an den Fabriktoren verteilt hatten.

Keine reine Lehre, keine letzten Wahrheiten mehr; kein Kampf, kein Zank, kein Anspruch auf Höheres, nur, was ich auf mich selbst beziehen kann, damit kann ich umgehen; kein Richtungsstreit und um Gottes Willen keine Führungskämpfe mehr! In Neuer Bescheidenheit wurden keine Entscheidungen mehr getroffen, sondern der Konsensus gesucht. 

Wie auch anders? Die allerjüngste Wissenschaft hatte eben enthüllt, dass "alles möglich" ist, anything goes. Objektive Maßstäbe gibt es nicht, und schon gar nicht liefert sie die Wissenschaft, auch sie konstruiert; sie noch mehr als andere.

Wenn es aber keine objektiven Maßstäbe gibt, dann muss man mit subjektiven Vorlieb nehmen. Denn gebraucht werden Maßstäbe nunmal in einer Gesellschaft, wo die öffentliche Gewalt im Namen Aller ausgeübt wird: Sie muss sich legitimieren. Wenn das, was gelten soll, nicht im Kampf um die richtigen Gründe entschieden werden soll, wenn Minderheiten nicht überstimmt werden dürfen, dann muss man zusammenzählen, worauf sich alle friedlich einigen können - je mehr, desto besser. Schon Abstimmungen waren verpönt, es musste alles ausdiskutiert werden: Nicht das schärfere Argument sticht, sondern das geduldige Ansammeln der Meinungen schleicht, manches ist nur eine Frage der Ausdauer.

Aber alles geht eben doch nicht! Es muss schon eine Grenze geben. Die Grenze ist die Entrüstung. So wie die Meinungen angelagert werden, so die Entrüstungen. So kommt zusammen ein Gesinnungspool, der so totalitär ist, wie das gesunde Volksempfinden schon immer war. Alles kommt auf die Bühne der Öffentlichkeit (das Private ist Politisch), es muss jeder Alles bekennen, und wer sich verplappert, verfällt dem Scherbengericht. Es ist die Herrschaft der Pharisäer, der eine weiß, dass der andere so gut heuchelt wie er selbst, und wer nicht mittut, macht sich zum Gespött. Streit? I wo. Dafür Zank, soviel das Herz begehrt.

Politische Korrektheit ist zudringlich und ohne alle Würde. Dass sie einem Rüpel hilflos unterliegen würde, der sich's leisten kann, auf sie zu pfeifen, war nur ein Frage der Zeit.


PS. Dass sie ihn jetzt für verrückt erklären, ist der absolute Tiefpunkt. In Wahrheit sind sie anti-politisch korrekt.
20. 2. 17







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