Donnerstag, 15. Februar 2018

"Sie wäre damit praktisch unangreifbar."


Augsburger Allgemeine

In der FAZ berichtet Frank Lübberding  heute über die gestrige Sendung von Anne Will. Als „größter Fehler der Bundeskanzlerin“ wurde dort genannt, die Bildung einer Minderheitsregierung auszu- schließen.

... Eine Minderheitsregierung kann es nämlich nur nach einer gescheiterten Regierungsbildung geben. Der Bundespräsident müsste eine Kanzlerin ernennen, die im letzten Wahlgang mit einer relativen Mehrheit gewählt worden wäre. Er hätte noch die Alternative, Neuwahlen anzuordnen. Wenn er aber einen solchen Kanzler ernennt, wäre dieser im deutschen Verfassungsrecht in einer einzigartig starken Position. Er könnte nur noch mit einem konstruktiven Misstrauensvotum gestürzt werden, das angesichts der Sitzverteilung im derzeitigen Bundestag auszuschließen ist. Nur der Bundeskanzler könnte noch Neuwahlen herbeiführen; er müsste dafür eine Sachfrage mit der Vertrauensfrage verbinden. Somit hätte er genügend Möglichkeiten, um die Opposition unter Druck zu setzen.

Vor allem die Sozialdemokraten hätten jede Woche die gleiche Debatte zu führen, die sie gerade beim Koalitionsvertrag zelebrieren. Jede Gesetzgebungsinitiative dieser CDU/CSU-Minderheitsregierung wäre für sie eine Herausforderung. Sie würden bei einer Ablehnung für die Handlungsunfähigkeit des Landes verantwortlich gemacht, aber ihre Zustimmung nutzte lediglich der Regierung. Diese kann sogar mit dem Stellen der Vertrauensfrage den Termin für Neuwahlen bestimmen. 

Das Blatt fährt fort:

Die auch gestern Abend artikulierte Erwartung an ein diskutierendes Parlament, wo allein die ihrem Gewissen verantwortlichen Abgeordneten entscheiden, ist naiv. Es wäre vielmehr ein Parlament, wo der Machtkampf zum Dauerzustand wird. Jede Wasserstandsmeldung der Meinungsforscher bestimmte dann noch mehr die Perspektive aller politischen Akteure als das heute schon der Fall ist.

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Das kann nicht die wahre Meinung des Autors sein. Denn wäre es so, dann wäre die Rolle der Kanzlerin die eines Korkens auf den Wogen. Zu Recht hatte er aber gerade gesagt: In einer Minder- heitsregierung wäre Angela Merkel stärker denn je. Alle Vorgaben, alle Initiativen könnten nur von ihr kommen, denn jede Initiative "aus der Mitte des Parlaments" wär schon vorab gescheitert; käme sie nämlich von 'links', hätte sie außer der Regierungsfraktion auch die Opposition von 'rechts' -, und käme sie von 'rechts', hätte sie außer der Regierungsfraktion auch die Opposition von 'links' gegen sich. Merkel "wäre damit praktisch unangreifbar", schlussfolgert Frank Lübbberding ganz richtig - und hätte endlich freie Hand, in ihrem eignen Laden durchzugreifen.

Wäre der Bundestag also wieder langweilig wie immer? Nein, denn dass die Oppositionen sich - jedenfalls auf absehbare Zeit - gegenseitig blockieren, ändert ja nichts daran, dass die Regierung sich eine Mehrheit - 'rechts' und/oder 'links' - jedesmal wortgewaltig neu erkämpfen müsste! Sobald die Fraktionszwänge aufweichen, und das werden sie, ist die parlamentarische Demokratie der Bundes- republik eine andere geworden.



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